Von der Pflege über den Fachkräftemangel und die Rente bis zur inneren Sicherheit: Vier Bundestags-Direktkandidaten für den Wahlkreis Peine/Gifhorn stellten sich Schülerfragen
vor 120 Zuhörern in den Berufsbildenden Schulen (BBS) Vöhrum.
Dazu hat Klassenlehrerin Melanie Keime mit ihren 15 Schülern (Industriekaufleute) die Fragen erarbeitet. Tobias Winter, Anna Lauer und Moritz Schurat bildeten das Moderatorenteam und leiteten sehr gekonnt durch die neunzigminütigeVeranstaltung.
Zum Einstieg gewährte Hubertus Heil (SPD, Bundesarbeitsminister) nach der Befragung zum Thema „Häusliche Gewalt“ den Zuhörern einen sehr persönlichen Einblick; „Meine Mutter ist Opfer gewesen, deshalb berührt mich das Thema sehr. Täter sind in allen sozialen Schichten zu finden.“ Deshalb seien neue Gesetze für die Finanzierung der Frauenhäuser und eine harte Bestrafung der Täter wichtig. „Das können wir nächste Woche im Bundestag beschließen.“
Auch eine stabile gesetzliche Rente sei ihm wichtig, so Heil. „Das Rentenniveau darf nicht sinken, das Renteneintrittsalter nicht erhöht werden, das wären Kürzungen. Viele können in der Pflege oder im Handwerk nicht bis 69 arbeiten“, sagt Heil. Es gebe zwar Politiker, die länger arbeiten wollten, zum Beispiel der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz – der werde nächstes Jahr 70. Aber 1,6 Millionen Menschen von 20 bis 29 seien ohne Ausbildung, da müsse man ran.
Außerdem setzt er auf eine qualifizierte Zuwanderung. Darüber herrscht Einigkeit auf dem Podium: „Deutschland ist ein Einwanderungsland, wir sind auf Fachkräfte angewiesen, gerade in der Pflege, ob Andreas oder Ali“, merkt Dirk-Heinrich Heuer (FDP) an. Der Grünen-Kandidat Danny Prieske fordert eine Vermögenssteuer für Millionäre und 15 Euro Mindestlohn.
Schulleiterin Maria Zerhusen ist sehr zufrieden. „Das Moderatorenteam hat wichtige Themen angesprochen, die mich interessieren. Ich hätte darüber hinaus gern noch gewusst, warum Frauen noch immer weniger verdienen. Dadurch sind die Rentenzahlungen auch niedriger“, sagt Zerhusen.
Anna Lauer aus dem Moderatorenteam fand es spannend zu erleben, wie Politiker miteinander umgehen – auch bei Unstimmigkeiten. „Wir wollten das normale Politikgeschäft widerspiegeln“, sagt die 23-Jährige. Gerne hätten sie noch mehr Fragen aus dem Podium zugelassen, doch dafür reichte die Zeit nicht.
Moritz Schurat (16) verfolgte aufmerksam den Streit um die Rente: Bekommt man sie nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei? Für Tobias Winter (22) ist es wichtig, „Politikverdrossenheit vorzubeugen und zu zeigen, dass die Politik Interesse an jungen Menschen hat und uns Gehör schenkt“. So könne das Interesse an Politik geweckt werden. „Das fand ich wesentlich wichtiger als unsere Fragen.“
CDU-Kandidat Marian Meyer betont: „Die nächste Regierung hat nochmal die Chance, etwas zu verändern, und das muss sie auch tun. Es geht mir darum, als Gesellschaft zusammenzuhalten, zuzuhören und kompromissbereit zu sein – das macht Demokratie aus.“
Schülerin Michelle Ploskwik (19) hat viel von der Veranstaltung mitgenommen, wie sie sagt – zum Beispiel dies: „Es ist wichtig, Wähler, die aus Angst und Verzweiflung AfD wählen, anzuregen, sich mehr mit Politik zu beschäftigen, Wahlprogramme durchzuschauen und offener zu sein.“ Dagegen hat für John Paul Schwahn „die inhaltliche Tiefe bei der Diskussion gefehlt“.
Sein Eindruck: „Rente ist nicht das Thema für uns junge Leute. Mir hat das Klima gefehlt. 1,6 Grad Erderwärmung, das ist gerade das Thema.“
Zum Abschluss lobt Hubertus Heil: „Ich habe hier Schüler und Schülerinnen erlebt, die hoch interessiert und informiert sind. Das waren ziemlich klasse Fragen. Geht wählen, damit wir das Land nicht den radikalen Spinnern überlassen.“
Verfasser: Siegmund Küster