Auftaktveranstaltung der Europawoche der BBS Peine in Kooperation mit der IGS Peine.
Zum Start der Europawoche der Berufsbildenden Schulen des Landkreises Peine war Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zu Gast in der Aula der IGS Peine. Wie schon zu den Bundestagswahlen kooperierten die beiden Schulen bei der Veranstaltung mit dem Arbeitsminister. Vor etwa 350 Schülerinnen und Schülern des elften und zwölften Jahrgangs der IGS und verschiedenen Klassen der Berufsbildenden Schule stellte sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, zugleich SPD-Bundestagsabgeordneter aus Peine, den Fragen der Schüler.
Doch bevor es richtig losging, war Warten angesagt, denn der Verkehr machte einem pünktlichen Beginn einen Strich durch die Rechnung. Hubertus Heil kam direkt aus Berlin und die A2 machte ihrem Namen alle Ehre, so dass die Veranstaltung 15 Minuten später beginnen musste.
In ihrer Begrüßung bedankten sich beide Schulleiterinnen Ulla Pleye (IGS) und Maria Zerhusen (BBS) für den Besuch und machten deutlich, dass an ihren Schulen politische Bildung eine wichtige Rolle spiele. „Wir sind offen und eigenständig und scheuen die Auseinandersetzung mit der Politik nicht“, fand Pleye klare Worte. Zerhusen freute sich über die gute Zusammenarbeit beider Schulen und sieht es auch als deren Aufgabe, das politische Bewusstsein zu fördern. Die Jahrgangsstufen 11 und 12 der IGS unter der Leitung von Felix Troschier sowie die Abschlussklasse der Verwaltungsfachangestellten unter der Leitung von Tanja Senhen hatten den Besuch vorbereitet und Fragen ausgearbeitet mit Themen, die die Schüler im Unterricht beschäftigen.
Doch etwas gefiel dem Bundesarbeitsminister nicht so richtig: „Ich kann euch ja gar nicht sehen“, rief Hubertus Heil den 350 Schülerinnen und Schülern von der Bühne der großen Aula im Scheinwerferlicht zu. Er schnappte sich sein Mikro und ging schnurstracks auf die Treppen zur Bühne zu, um sich dort mit Giselia Krückemeier, Calvin Burghard (beide Auszubildende zu Verwaltungsfachangestellten) sowie Tim Rygol und Daniel Seifert aus dem zwölften Jahrgang der IGS zu platzieren.
Das Organisationsteam unter der Leitung von Felix Troschier und Ulf Wolters hatte gleich alle Hände voll zu tun. Da die Veranstaltung auch per Video festgehalten wurde, mussten Kameras und Mikros neu platziert und gerichtet werden. Dann konnte es endlich losgehen.
„Heute bin ich einer von euch.“
Zu Beginn der Veranstaltung bat Heil darum, ihn nicht als Arbeitsminister zu betrachten. „Heute bin ich einer von euch“, sagte er und erntete dafür nicht nur Applaus, sondern zusätzlich erhebliche Sympathiepunkte.
Nach einer kurzen Einführung stiegen die Jugendlichen dann auch ohne Scheu in die Fragen ein. So musste Heil zunächst sich persönlich vorstellen und dann die Frage beantworten, was er denn an seinem Beruf nicht möge. So antwortete er, dass ihm die Arbeit gefalle, obwohl es nur ein „Beruf auf Zeit“ sei. „Das Bild der Bundesregierung in der Öffentlichkeit ist im Moment schlecht, das ist schade. Und ich mag nicht, dass manche Abstimmungsprozesse so zäh verlaufen.“
Es folgte eine Schnellfragerunde, die Hubertus Heil ein bisschen vorstellen sollte. Auch da punktete er mit seiner lockeren Art. Auf die Frage Pizza oder Pasta antwortete er unter großem Gelächter: „Leider beides, wie man unschwer erkennen kann!“
Die Fragen von Daniel Seifert und Tim Rygol vom der IGS zielten eher auf die politischen Inhalte des Amtes des Arbeitsministers ab.
Heil empfindet die derzeitigen Debatten im Bundestag aufgrund des Mitwirkens der AfD zu populistisch. Es sollte wieder „mehr um inhaltliche Dinge und nicht um gegenseitiges Kritisieren gehen“, so Heil. Eine Lanze brach er für die duale Ausbildung. Nicht nur Akademiker, sondern auch andere Fachkräfte werden gebraucht. „Wir brauchen nicht nur Master, sondern auch Meister“, so Heil, „um die Herausforderungen der Arbeit, die sich in Zukunft immens verändern wird, zu gewährleisten.“
Die Rente möchte er in Zusammenarbeit mit seinen Ministerkollegen flexibler gestalten, was auch bei den unterschiedlichen Anforderungen an Arbeit und Individuen erforderlich ist. „Wenn jemand länger arbeiten möchte, dann solle er das auch tun dürfen“, so Heil, „aber in manchen Berufen ist die derzeitige Rentengrenze von 67 nicht mehr leistbar.“ Auch die Krankenversicherung hält er für reformierbar, das private System trage nicht die Kosten der Infrastruktur, somit ist es für ihn daher sehr unverständlich, warum „gesetzlich Versicherte länger auf einen Termin warten müssen als die Privatversicherten.“
Die Fragen der Berufsschüler hingegen zielten eher in Richtung Europapolitik ab. Der Brexit ist für Heil beispielsweise vor allem für Großbritannien eine Katastrophe. Er sehe keine Vorteile, die daraus für das Vereinte Königreich entstehen könnten, sondern vor allem immense wirtschaftliche Nachteile, die auch jetzt schon erkennbar sind.
Europa solle sich für die nahe Zukunft wieder große Dinge auf die Fahne schreiben und nicht in kleinen „Kriegsschauplätzen“ denken und handeln. Die Flüchtlingskrise zeigt, dass man sich nicht immer einig ist, aber gerade für solche Situationen pragmatischere und schnellere Lösungen bieten müsste. So könnten beispielsweise Zahlungen von den Ländern erfolgen, die sich weigern, Flüchtlinge in ihr Land aufzunehmen.
Die Beziehungen zum Bündnispartner USA sieht er durch Trump kritisch, da der verlässliche Partner der Vergangenheit nicht mehr verlässlich ist. Einen Handelskrieg sieht er aber noch nicht. Bezüglich der EU Wahlen im kommenden Jahr sieht er die Rechtspopulisten nur dann als stärker, wenn die Alternativen fehlen, die bürgerlichen Parteien müssen einfach eine bessere und volksnähere Politik anbieten, so dass keine rechte Alternative benötigt wird.
Zum Schluss bedankte sich Heil für die Einladung und mahnte die Schülerinnen und Schüler, dass sie sich um ihre Demokratie kümmern müssen. „Es ist wichtig, dass sie wählen gehen. Und am besten greifen sie auch aktiv in die Geschehnisse ein, damit wir unsere Demokratie erhalten können! Sie ist nämlich die beste Regierungsform, die wir kennen!
Verfasst von Ulf Wolters mit Auszügen aus der PAZ und den Peiner Nachrichten.
https://www.peiner-nachrichten.de/peine/article215388109/Arbeitsminister-spricht-mit-Schuelern.html
http://www.paz-online.de/Stadt-Peine/Arbeitsminister-Hubertus-Heil-stellte-sich-Fragen-von-Schuelern